Was ist wirklich?

Ausgabe Dezember 2009

Frage an Osho:
Es kommt mir vor, als wäre alles, was ich wahr nehme, beim Meditieren oder sonst, von mir selbst erzeugt oder projiziert. Ich kann nicht unterscheiden, ob ich etwas sehe und fühle oder ob ich es nur erzeuge. Was ist wirklich?

Du brauchst gar nicht zwischen Gedanke, Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden. Wenn du es versuchst, wirst du nur noch verwirrter. Es lässt sich nicht unterscheiden, denn was deinen geistigen Apparat betrifft, so erscheint darin alles als Gedanke. Es mag wirklich sein, es mag nicht wirklich sein – aber sobald auch nur irgendetwas in deinem Geist erscheint, erscheint es in Form eines Gedankens.

Du kannst also nicht unterscheiden, und du brauchst es auch nicht. Und geh erst gar nicht auf diese Reise, denn diese Reise wird zu einem Denk-Trip, und die Meditation geht dabei verloren. Bleibe lieber ganz und gar bei der Beobachtung. Mache dir keine Gedanken über die Dinge, die dir in den Kopf kommen; es kann sein, was es will, es ist Kopfsalat. Bleibe du einfach nur zentriert und bleibe Zeuge. Sei einfach der Beobachter. Versuche nicht zu unterscheiden. Was immer vor deinem geistigen Auge erscheint, beobachte es einfach. Sieh zu, wie es auftaucht; sieh zu, wie es da ist; sieh zu, wie es verschwindet.

Früher oder später, wenn du wirklich zentriert bist … und das kann jeden Augenblick geschehen. Dieser Augenblick bleibt immer unvorhersagbar. Wann immer du deine Mitte spürst, verschwindet der gesamte Geist: Gedanken, Träume, Wirklichkeit, alles. Plötzlich bist du in der Leere. Nichts im Geist – reine Leere. Dann öffne die Augen und sieh: Was immer da ist, ist wirklich.

Wenn du Zeuge bist und der Geist völlig aufgehört hat, nur dann wird das erkannt, was wirklich ist – nenn es Gott, das Wirkliche, die Wahrheit, oder wie immer du es nennen willst. Der Geist wird dir nie erlauben, das Wirkliche zu erkennen. Geist ist die Störung. Und wenn du dich zu sehr in ihm verfängst, dann wirst du zum Rätselrater. Du kannst rätseln und rätseln, immer neue Rätsel aufstellen und lösen, aber es kommt nie zu einem Ende. Denken kann dich nicht zur Wirklichkeit führen; nur gedankenleere Bewusstheit. Versuche also nicht zu unterscheiden. Beobachte nur – ganz gleich, was es ist. Der Geist ist das Unwirkliche.

Zum Beispiel: Wenn du vor dem Spiegel stehst, erscheint etwas im Spiegel. Es mag wirklich sein; es mag ein Spiegelbild von etwas außerhalb des Spiegels sein, aber im Spiegel ist es ein Spiegelbild … also nicht wirklich. Was du siehst, mag vielleicht deinen eigenen Traum widerspiegeln. Du magst projizieren. Das ist auch unwirklich. Was immer im Spiegel erscheint, ist unwirklich, denn der Spiegel reflektiert nur. Der Geist ist ein Spiegel. Er reflektiert nur. Gib den Geist auf, gib den Spiegel auf, und schau: Was immer dann da ist, ist wirklich – denn jetzt ist der Störfaktor nicht mehr da.